Deutsche in Ungarn
von der Landnahme bis zur Gegenwart
DEUTSCHE ZUR ZEIT DER UNGARISCHEN
STAATSGRÜNDUNGUND IM LEBEN DES
MITTELALTERLICHEN UNGARNS
Die Ahnen der Deutschen, in ihrer Mehrheit Bayern und Franken, tauchten zuerst Anfang des 9. Jahrhunderts im Karpatenbecken auf. Fränkische Eroberer verdrängen die Awaren aus dem Karpatenbecken. Nach der Zerschlagung des Awarenreiches kam es in der in Transdanubien geschaffenen karolingischen Mark zu einer regen Einwanderungstätigkeit. Dieses Gebiet gehörte zum Kirchenbezirk des Erzbischofstums Salzburg, welches in einer Urkunde aus dem Jahre 860 in der Umgebung von Fünfkirchen sowie des Plattensees 35 deutsche Siedlungen aufzählt. Diese Siedlungen wurden aber im Zuge der mährischen, dann der ungarischen Angriffe zerstört, bzw. sind in der slawischen oder ungarischen Umgebung aufgegangen. Die von den Karpaten in östlicher Richtung lebenden ungarischen Reiternomaden unternahmen erstmals 862 einen Kriegszug an der östlicher Grenze des Fränkischen Reiches, 892 als Verbündete des fränkischen Königs, Arnulf, in Mähren. Im Zuge der Landnahme 896 besetzten die Ungarn auch ganz Transdanubien bis zum Flusse Enns im heutigen Österreich, und bis zur Niederlage bei Augsburg (955) führten sie zahlreiche Kriegszüge auf dem Gebiet des Fränkischen Reiches durch. Die Stärkung des Deutsch-Römischen Reiches als zentrale Macht sowie dessen militärische Erfolge zwangen die Ungarn zum Aufgeben ihrer Raubzüge sowie zu ihrer entgültigen Niederlassung. Die westliche Grenze bildete für annähernd 1000 Jahre der Fluß Leitha. Es begann die Annahme des Christentums sowie die Herausbildung des Feudalstaates, wobei deutsche Geistliche und Ritter eine bedeutende Rolle spielten. Die ungarischen Könige bauten familiäre Beziehungen zu den deutschen Herrschern auf. Die zu Mitgliedern der ungarischen Herrscherschicht gewordenen Deutschen gingen binnen einiger Generationen sowohl sprachlich als auch kulturell in Ungarntum auf und gründeten so mächtige Familien. In den Jahrhunderten, welche auf die Landnahme folgten, wurden Deutsche ausschließlich am „Königsboden" in Siebenbürgen (um Hermannstadt) angesiedelt. Im Laufe der mittelalterliehen deutschen Ostsiedlung entstanden die deutschen hospes-Siedlungen im arpadenzeitlichen Ungarn. Die freien Siedler zahlten ihre Steuern nicht nach der Person, sondern der Session. Sie genossen Freizügigkeit und verfügten über weitere Privilegien. Auf diese Weise spielten sie eine bedeutende Rolle bei der Herausbildung der einheitlichen Leibeigenschaft. Die im Lande verstreut liegenden deutschen hospes-Siedlungen (an deren Ursprung die Dorfnamen des Németi-Typs - etwa Deutschendorf- erinnern) wurden bis zum Ende des Mittelalters assimiliert. Größere, teils zusammenhängende Siedlungsgebiete bildeten die hospites, welche nicht nur wirtschaftliche, sondern auch Grenzschutzaufgaben zu erfüllen hatten, die Völker der Wisoler Gespanschft und in erster Linie der Siebenbürger und Zipser (heute Slowakei) Sachsen.
DIE WISOLER GESPANSCHAFT
Das früheste, zusammenhängende, über eine eigene Selbstverwaltung verfügende deutsche Siedlungsgebiet Ungarns entstand im Komitat Abauj, im Tal der Kundért. Auf dem Besitz der Königin wurden in der Mitte des 12. Jahrhunderts zehn deutsche Siedlungen gegründet. Ihre Aufgabe bestand darin, die südliche Grenze des sich von den Karpaten bis hierhin ziehenden, zusammenhängenden Waldgebietes und die Militär- und Handelsstraße entlang der Kundért zu sichern. An der Spitze ihrer Selbstverwaltung stand der erstmals im Jahre 1222 erwähnte Graf von Wisol (comes Theutonicorum). Im 13. Jahrhundert wurde die Grenze nach Norden auf das Gebiet der Zips verlegt. Ein Teil der Dörfer hatte Anteil an der Besiedlung der Zips. Nach dem Verlust ihrer Rolle als Grenzwächter gerieten die zehn Dörfer bzw. Marktflecken in den Besitz von Grundherren, ihre Selbstverwaltung wurde aufgelöst und die Bevölkerung ging im 16. Jahrhundert in ihrer ungarischen Umgebung auf.
DIE SIEBENBÜRGER SACHSEN
Die östlichen und südöstlichen Grenzen des Königreichs Ungarn waren vom Beginn des 11. Jahrhunderts an den Angriffen von Reiternomaden, von Petschenegen, Ogusen, später den Kumanen, dann seit der Mitte des 12. Jahrhunderts denen der Byzantiner ausgesetzt. Besonders die letzteren bedeutenden eine ernste Gefahr, da die die Grenzen schützenden Szekler der schweren Reiterei und dem gepanzerten Fußvolk gegenüber nicht erfolgreich im Kampf begegnen konnten. Die ungarischen Könige nahmen immer gern, ja riefen solche Gäste, welche die hier mangelhaften Militärkenntnisse verbessern konnten. Géza (Geisa) IL konnte mit einer solchen sporadischen, zufälligen Einwanderung nicht zufrieden sein, wie wir diese auch aus Siebenbürgen kennen, er benötigte Verstärkung der am verwundbarsten siebenbürgischen Grenzlinie eine möglichts große Anzahl zeitgemäß Bewaffneter. Solche Krieger sah er unter den durch Ungarn ziehenden deutschen Kreuzrittern, diese wiederum erkannten in Ungarn ein solches Gebiet, in dem sie ihrer überbevölkerten Heimat gegenüber ein neues Zuhause finden konnten. Vermögenslos gewordene Ritter und unter Feldknappheit leidende Bauern aus dem Rhein-Mosel-Gebiet und aus Flandern kontaktierte er und siedelte sie in Siebenbürgen neben dem Flusse Alt an (1140). Diese Gebiet war auch vorher nicht unbewohnt, aber der König siedelte die dort wohnenden Szekler um, um für die neuen Siedler Platz zu schaffen. Mit den Rittern, die sich selbst „Gräve" nannten, gewann er gepanzerte Soldaten, die Bauern wiederum brachten eine entwickeltere Agrotechnik mit und gewannen den Einheimischen gegenüber größere Freiheiten (z.B. freie Gräven-und Pfarrerwahl, Steuer- und Zollermäßigungen). Sie waren nicht nur in der Lage, ihre Gräven zu versorgen, sondern konnten dem König auch Steuern zahlen. Zu einem neuen Aufschwung kam es bei der deutschen Ansiedlung im Jahre 1211, als Andreas II. dem zum Auszug aus dem heiligen Lande gezwungenen Deutschen Ritterorden das von den Kumanen bedrohte Burzenland (um Kronstadt) übergab. Der Ritterorden bevölkerte in kurzer Zeit dieses Gebiet mit deutschen Einwanderern. Die Schenkungsurkunde des Königs sicherte dem Orden eine umfangreiche Selbstverwaltung, erlaubte den Bau von Steinburgen und Städten, befreite dieses Gebiet von der Gerichtsbarkeit des Wojewoden, sicherte Steuerfreiheit, freies Markt- und Handelsrecht. Der Ritterorden begnügte sich damit nicht und versuchte nach dem Vorbild des Heiligen Landes Eigenstaatlichkeit zu erreichen. Deshalb vertrieb Andreas IL 1225 mit Waffengewalt den Orden aus Ungarn, sicherte aber weiterhin die Begünstigungen der bäuerlichen hospites. Die Sachsen bewahrten ihre ethnische Sonderstellung teils aufgrund ihres geschlossenen Siedlungsgebietes um Hermannstadt, Kronstadt und Bistritz, hauptsächlich ist dies aber ihrer privilegierten Lage zu verdanken. Andreas II. verlieh 1224, im sog. Andreanum (dem Andreanischen Freibrief) der Hermannstädter Provinz Autonomie. An der Spitze der Selbstverwaltung stand der vom König ernannte (im 15. Jahrhundert schon gewählte) Hermannstädter Gespan bzw. Graf. Im 14./15. Jahrhundert entwickelten sich die sächsischen Stühle. Unter Matthias Corvinus entstand im Jahre 1486 die Sächsische Nationsuniversität, zu der außer den Stühlen auch der Kronstädter, Mediascher und Bistritzer Distrikt gehörte. Die Siebenbürger Sachsen verfügten durch die Person des Hermannstädter Probs-tes auch über kirchliche Selbständigkeit. Unter ihnen wurde die Entwicklung der Gewerbe, des Handels und des städtischen Lebens bestimmend. Das sächsische System der Feldgemeinschaft verhinderte die Herausbildung eines eigenen Adels sowie des feudalen Grundbesitzes, die Mehrheit der Bevölkerung blieb freier Kompossessor mit relativ günstiger Rechtslage, die politische Führung geriet in die Hände des reichen Patriziates. Die Bürger der sächsischen Städte waren seit der Union von Klosterdorf (1437) ein Teil der „drei Nation", ein Teil der siebenbürgischen Ständestruktur, und in der Zeit der Reformation wurden sie zu einer eigenständigen kirchlichen Organisation der vier anerkannten Religionen in Siebenbürgen. Die ursprünglich zum Zweck der Grenzverteidigung angesiedelte Bevölkerung wandelte sich im 14. und 15. Jahrhundert zu einer bedeutenden Kraft im Handwerk, Handel sowie bei der Stadtentwicklung.
DIE ZIPSER SACHSEN
Die Zips war in der Zeit nach der ungarischen Landnahme ein Grenzverhau mit spärlicher slawischer Bevölkerung. Die ungarischen Könige siedelten hier in der 1. Hälfte des 11. Jahrhunderts Grenzwächter an, deren Nachkommen den Stuhl der zehn Lanzenträger (Sedes X Lanceatorum) bildeten. Ab Anfang des 12. Jahrhunderts kamen deutsche hospites hierher, aus dem Gebiet der Wisoler Gespanschaft und aus Schlesien. Unter Führung von Schultheißen (wie die Ahnen der Familie Görgey) rodeten sie hier den Platz für ihre Dörfer, welche sich in kurzer Zeit zu Städten entwickelten. Im Jahre 1271 entstand die örtliche Selbstverwaltung der 24 Zipser Städte und der dazugehörigen 20 Dörfer, die Universitas Saxonum de Sce-pus. Ihre Autonomie basierte auf der Zipser Willkür, an ihrer Spitze stand der Zipser Graf. Sie genossen durch die Zipser Probstei auch kirchliche Autonomie. König Sigismund verpfändete 1412 13 Zipser Städte und drei Domänen an den polnischen König, die anderen Städte, mit Ausnahme von Käsmark und Leutschau, verloren im 15. Jahrhundert ihren Rang und ihre Privilegien und gerieten in den Besitz von Grundherren, was verhinderte, daß sie eine ähnliche Bedeutung wie die Siebenbürger Sachsen erlangten. Im 13. Jahrhundert gründeten die sog. Gründler sieben deutsche Bergstädte im Süden der Zips. An der Spitze ihrer Gemeinschaft stand Göllnitz.
DIE MITTELALTERLICHEN STÄDTE
Die Entfaltung der feudalen Stadt als Handwerks- und Agrarzentrum erfolgte aufgrund der Entwicklung der Landwirtschaft, durch den Aufschwung des agrar-industriellen Warenaustausches. In Ungarn kam es zu dieser Entwicklung im 13/14. Jahrhundert. Die Städte waren zum Teil reine hos-pes-Siedlungen (die Städte der Zipser, der Siebenbürger Sachsen, der Bergstädte usw.), die westlichen Ansiedler - anfangs sog. „Latiner", später Deutsche - spielten eine ausschlaggebende Rolle bei der ungarnländischen Städteentwicklung. Die ersten städtischen Privilegien besaßen die Latiner von Stuhlweißenburg, später wurde das Ofner Recht zum Vorbild. Die städtische Entwicklung war charakterisiert durch die Marktproduktion, das Zunfthandwerk, den Handel, den Bergbau und Weinanbau. Der Anteil der Handwerker blieb im allgemeinen unter 25%, deshalb gerieten die am Handel interessierten Grenzstädte (Ödenburg, Preßburg, Tyrnau, HermannStadt, Kronstadt usw.) an die Spitze der Stadtentwicklung unserer Heimat. Durch ihre Privilegien standen die königlichen Freistädte bei der Stadtentwicklung über den anderen, sie waren nur dem König unterstellt, der Richter höherer Instanz war der Schatzmeister. Im 15. Jahrhundert gab es acht solche Städte: Ofen, Pest, Ödenburg, Preßburg, Tyrnau, Kaschau, Pre-schau und Bartfeld. Sie besaßen das Recht, Vertreter zum Ständetag zu entsenden, den Einwohnern bzw. Einwanderern das Stadtrecht zu verleihen. Sie konnten ihre Stadtpfarrer selbst wählen und besaßen auch andere Privilegien, das Markt- und Stapelrecht, ihren Waren nach genossen sie das Privileg der Freiheit von Steuern, haben dem König jährlich nur eine bestimmte Summe zahlen müssen. Eine vom König bestimmte Anzahl von Soldaten sollte zur Verfügung stehen, sie waren verpflichtet zum Transport der Munition, der Waffen und des Tuches. Die Bergstädte entstanden neben den Bergwerken und wurden zu mit besonderen Privilegien ausgestatteten Städten. Ihre Gründer bzw. Bewohner waren fast ausschließlich Deutsche, die vom König das Recht erhielten, überall Bergwerke zum eigenen Nutzen zu erschließen, demnach hatten sie dem König nur „urbura" (Gewinnanteil) zu zahlen. Um die Mitte des 13. Jahrhunderts kamen 25% der Silber- und 80% der Goldproduktion Europas aus dem Königreich Ungarn. Der größte Teil des abgebauten Edelmetalles wurde exportiert. König Karl I. erließ 1325 ein Ausfuhrverbot für Edelmetalle, errichtete eine Bergwerks- und Prägekammer. 1325 wurde mit Prägung des wertbeständigen Goldguldens, 1329 mit der des Silbergroschens begonnen. Der Aufschwung des Bergbaus, der Erzverarbeitung und der Münzprägung leitete eine neue Welle der deutschen Einwanderung ein.
Das Zunftwesen in Ungarn entwickelte sich im 14/15. Jahrhundert in der sächsischen Städten, der erste erhalten gebliebene Zunftbrief stammt aus dem Jahre 1376. Die Städte waren die Haupteinnahmequelle für die Schatzkammer. Neben der günstigen Lage für die deutschen Bauern ging das ungarische Bauerntum gesellschaftlich nieder. Das Zusammenleben war nicht immer konfliktlos, im wirtschaftlichen Leben waren die Deutschen vermögender als die Ungarn. Aufgrund der privilegierten Lage des deutschen Stadtbürgertums kam es häufig zu Konfliktsituationen, besonders dort, wo im 15. Jahrhundert schon ein ungarisches Bürgertum in größerer Zahl existierte, wie z.B. in Ofen. Laut den Vorschriften des Ofner Stadtrechtes durften nur solche Personen zum Stadtrichter gewählt werden, die vier deutsche Großeltern hatten und seit sechs oder mehr Jahren Ratsherren waren. Der Kampf der mit der privilegierten Lage des deutschen Bürgertums unzufriedenen ungarischen Bürger führte dazu, daß danach jährlich abwechselnd deutsche und ungarische Richter gewählt wurden, und daß die Hälfte der Mitgliedschaft des Inneren und Äußeren Rates auch dem bestehenden Recht nach aus Ungarn bestand. Die sich unter ethnischen Vorwand meldenden Kämpfe hatten wirtschaftliche und gesellschaftliche Ursachen.
DEUTSCHE WÄHREND DER ZEIT DER TÜRKISCHEN BESETZUNG
Die Niederlage von Mohatsch 1526 brachte auch den Deutschen verhängnisvolle Jahrzehnte. In den zentral gelegenen Gebieten des Landes wurde die Bevölkerung vernichtet oder flüchtete. Die deutschen Bürger der Hauptstadt Ofen verließen diese 1541. In den beim königlichen Ungarn verbliebenen Gebieten, in den sog. ober- und niederungarischen Städten erhielt sich die Kontinuität der deutschen Bevölkerung. Im Kreise des hiesigen deutschen Bürgertums war in der Mitte des 16. Jahrhunderts die sog. Deutsche Reformation vorherrschend, d.h. der evangelisch-lutherische Glaube.
Die wirtschaftliche Kraft der Siebenbürger Sachsen sowie die Muttersprachenkultur, die sich während der Reformation herausbildete, trug zur Blüte des Fürstentums Siebenbürgen bei. Im November 1547 nahm die Gemeinschaft der Siebenbürger Sachsen (Sächsische Nationsuniversität) die von Johannes Honterus zusammengestellte Lutherische Lehre an. Auf dem Siebenbürger Landtag in Thorenburg 01.06.1557. wurde die freie Religionausübung erklärt und so der evangelische-lutherische, und der unitarische Glauben dem römisch-katholischen gleichgestellt. Im Kreise der Siebenbürger Sachsen entstanden bedeutende reformatorische Publikationen.
Zahlreiche Gesetze sicherten in Ungarn im 16/17. Jahrhundert die Religionsfreiheit - wenn auch in gewissen Grenzen - und ermöglichten den Protestanten, ihre Kirchen zu erhalten, ihren Glauben zu praktizieren. Dieser günstigen Situation ist es zu verdanken, daß die Anhänger mehrer verfolgter Konfessionen in unserem Land Asyl fanden, unter denen von herausragender wirtschaftlicher und kultureller Bedeutung auch die sog. Ha-baner waren. Die Glieder dieser Kirche - auch Anabaptisten genannt -waren Vertreter der plebejischen, radikalen Richtung der Reformation, Anhänger von Thomas Münzer und Nikolaus Storch. Über Österreich und Mähren flüchteten sie Anfang des 16. Jahrhunderts nach Ungarn, wo sie in den nordwestlichen Komitaten, später in Westtransdanubien, Siebenbürgen und Sárospatak Aufnahme fanden. In auf Haus- und Arbeitgemeinschaften basierenden Organisationen (Haushaben - habán) schlossen sie sich zusammen. Die Habaner waren geschickte Handwerker, in erster Linie wurden sie als Dachdecker, Sattler, Messerer und Töpfer bekannt. Die auf einem hohen Niveau stehenden handwrklichen Kenntnisse der Habaner weisen auf eine Verwandtschaft zu der italienischen Majolika von Faenza hin. Die Gefäße wurden mit Bleiglasur versehen und mit Feuerfarben verziert. Nach Auflösung der Glaubensbindungen tauchen ab dem 18. Jahrhundert auf ihren Erzeugnissen neben Pflanzenmotiven auch Darstellungen von Menschen auf. Ihre Gefäße waren in ihrer Mehrheit Zierkeramiken, deren Motive und Farbgestaltung einen bedeutenden Einfluß auf die Keramikzentren des Karpatenbeckens ausübten.
Die Reformation bedeutete auch eine Schicksalsgemeinschaft mit den protestantischen Ungarn. Seine ureigenen Interessen in Kampf um die Ungarn vertraten die deutschen Bürger im Kampf um die Unabhängigkeit unter Stephan Bocskai und Gabriel Bethlen sowie im Freiheitskampf unter Emmerich Thököly und Franz Rákóczi II.
Die deutschen Bürger der Städte litten mit ihren ungarischen Glaubensgenossen zusammen unter Gegenreformationsmaßnahmen des Wiener Hofes. Durch das Preßurger Sondergericht wurden die protestantischen Geistlichen und Lehrer 1674 zum Tode und zur Vermögenseinziehung verurteilt bzw. zur Verbannung begnadigt. Das Blutgericht von Preschau hat der Anweisung Leopolds I. gemäß zahlreiche ungarische Adlige und deutsche Bürger zum Tode verurteilt und hingerichtet.
Die Abschaffung der Religionsfreiheit konnte nur der vom deutschen Bürgertum unterstützte ständische Widerstand - nicht selten mit Waffen -verhindern. Die Städte des Königreichs Ungarn und des Fürstentums Siebenbürgen hielten eine ständige geistige Verbindung zu verschiedenen protestantischen Universitäten und Schulen des Deutsch-Römischen Reiches aufrecht.
Infolge der Verminderung der Einkünfte und des schweren Menschenverlustes konnte das Königreich Ungarn den Angriffen des Osmanischen Reiches allein nicht widerstehen. Das System der Grenzburgen des Landes schützte nicht nur die von den Türken verschont gebliebenen Teile Ungarns, sondern auch das Gebiet des Deutsch-Römischen Reiches. Obwohl mit dem Großteil der Verteidigungskosten die heimischen Steuerzahler belastet waren, erhielten sie von der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts an eine fast ständige Geldhilfe des Reiches, die sog. Türkenhilfe. Viele Deutsche dienten bei der Besatzung der Burgen und als Söldner im kaiserlichen Heer. Unabhängig von der Reichshilfe unterstützten die Freien Reichsstädte Augsburg, Ulm, Nürnberg Ungarn mit Waffen, Kanonen, Pulver. Die deutschen Soldaten und Heerführer (Karl von Lotharingen, Kurfürst Maximilian von Bayern, Ludwig von Baden) haben eine bedeutende Rolle bei der Befreiung Ofens (1686) und Ungarns, bei der Verteidigung gegen die Türken gespielt. Nach Abschluß des Friedens von Karlowitz (1699) und Passarowitz (1718) war das gesamte Gebiet des Landes befreit und eröffnete Möglichkeiten zur Konsolidierung und wirtschaftlichen Entwicklung.
DIE NEUZEITLICHE DEUTSCHE ANSIEDLUNG
Infolge der mehr als 150 Jahre andauernden türkischen Herrschaft sowie des sich über 16 Jahre hinziehenden Rückeroberungskrieges wurde die Bevölkerung des Landes dezimiert und große Gebiete verödeten. In den Befreiungskriegen gegen die Türken unterstützten österreichische, süddeutsche und westungarische - reiche - Familien materiell die erschöpfte Schatzkammer bei der Vergabe von Krediten und Darlehen. Nach der Vertreibung der Türken vergab der Wiener Hof seine in den von den Türken verwüsteten Gebieten liegenden und die von rebellischen ungarischen Adligen konfiszierten Güter als Gegenleistung an diese. Die Herrschaften waren zum großen Teil verödete Gebiete, deshalb begann notwendigerweise die Wiederbesiedlung des in seiner Bevölkerungszahl verminderten Karpatenbeckens. Bedeutende Veränderungen ergaben sich auch bei der ethnischen Zusammensetzung der Befölkerung. Im nördlichen Teil des Landes wanderte die slowakische Sprachgrenze in südliche Richtung, an der österreichischen Grenze gewannen die Deutschen an Boden. In Siebenbürgen wuchs bedeutend die Anzahl der Rumänen, in Südungarn fanden Serben, Bunjewatzen, Schokatzen und andere südslawische Gruppen eine neue Heimat.
Im Gefolge der befreienden Truppen, fast gleichzeitig damit, begann auch die Ansiedlung Deutscher, welche Ende des 17. Jahrhunderts nicht in erster Linie auf wirtschaftliche, sondern auf strategische Gründe zurückzuführen ist, und sich militärisch auf wichtige Verbindungswege (Plintenburg, Dorog, Werischwar, Moor, Mohatsch usw.) beschränkte. Der Freiheitskampf unter Rákóczi brachte durch seine acht Jahre andauernden Auseinandersetzungen erneut Verödung und Entvölkerung mit sich. Eine längere friedliche Periode begann erst nach 1711. Von der im zweiten Jahrzehnt der 18. Jahrhunderts beginnenden organisierten Ansiedlung war die der Deutschen sowohl von der Anzahl als auch der wirtschaftlichen Wichtigkeit her die bedeutendste. Die überwiegende Anzahl der deutschen Dörfer des Karpatenbeckens entstanden im Zuge von Ansiedlungsaktionen geistlicher und weltlicher Grundherren dieser Epoche. Die Grundherren hofften durch die Ansiedlung der Deutschen größere wirtschaftliche Vorteile sowie die Einhaltung der in fast allen Fällen in schriftlichen Verträgen fixierten bäuerlichen Dienstleistungen zu erreichen, als dies bei den in ihrer Mehrheit protestantischen Leibeigenen, die während der türkischen Besatzung eine lockere Lebensweise gewöhnt waren, der Fall war. Der Ablauf der Ansiedlung und die der Bevölkerung gewährten Erleichterungen wurden in Gesetzen und Verordnungen geregelt. Das erste Ansiedlungspatent wurde während der Herrschaft Leopold I. 1689 erlassen. Auf Vorschlag des im Jahre 1715 beauftragten Komitees hieß Kaiser Karl VI. auf dem Ständetag von 1722-23 den Gesetzartikel 103 für gut, demnach jegliche freie Person ins Land gerufen werden könne und hier für sechs Jahre von allen Lasten befreit sein solle. Festgelegt wurde auch, daß derjenige Handwerker, der sich vollständig seinem Handwerk widmet, 15 Jahre Steuerfreiheit erhalten solle. Eine Rolle beim Gelingen der Ansiedlung spielte neben der Person des gemeinsamen Herrschers (als deutscher Kaiser und ungarischer König) auch, dass zahlreiche hochadlige Familien bedeutende Schenkungen an Grund und Boden in Ungarn erhalten hatten. Möglichkeiten zur Verbesserung der wirtschaftlichen Stellung eines breiten Kreises der Bevölkerung des süddeutschen Gebietes und der Rheinlande, die relative Überbevölkerung, die Kriege in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts bot eine Auswanderung nach Ungarn. Die Ansiedlungerlässe Maria Theresias, später Joseph IL, regen eine neue Einwanderungswelle an. Die Zahl der bis 1790, im Laufe des 18. Jahrhunderts angesiedelten Deutschen überschritt 70000 Seelen. Es entstanden die mehr oder weniger zusammenhängenden Siedlungsgebiete des neuzeitlichen Deutschtums, das Ungarische Mittelgebirge (die Komitate Wesprim, Stuhlweissenburg, Komorn, Gran, Pest), der südwestliche Teil Transdanubiens (die Komitate Schomodei, Tolnau, Branau), die sog. Schwäbische Türkei, Ostungarn (das Komitat Sathmar) und Südungarn (Batschka, Banat), die letztgenannten waren klassische staatliche Ansiedlungsgebiete.
Während der Regierungszeit von Leopold I. und Karl VI. führte die Königliche Siedlungskommission, die Neoaquistica Commisio, sowie die An-siedlungsagenten einzelner Grundherren die großartige Arbeit der Ansied-lung durch. Die zweite Ansiedlungswelle wurde durch das Patent Maria Theresias aus dem Jahre 1762 beschleunigt. Jetzt versuchte der kaiserliche Hof auf Grundlage seiner früheren Erfahrungen die ankommenden Siedler mit den nötigen Werkzeugen zu versorgen. Die dritte Ansiedlungswelle ist mit dem Namen Joseph II. verbunden, der Kolonisten ansiedelte. Ende des 18. Jh. Waren die Ansiedlungen schon organisierter und durchdachter, die Schatzkammer ließ von Ingenieuren geplante Dörfer mit fertigen Wohnhäusern und Wirtschaftsgebäuden für die neuen Siedler anlegen. Die An-siedlung deutscher Arbeitskräfte erfolgte in Erwartung verlässlicher Arbeit und Steuerzahlung.
Während der Ansiedlungswelle des 18. Jahrhunderts kam keine vermögenslose Menge, sondern über entsprechendes Kapital und ein entwickeltes wirtschaftliches Wissen verfügende Deutsche ins Land. Nach 1724 wurden keine Personen mehr über die österreichische Grenze gelassen, die nicht über genügend Kapital zur Gründung einer eigenen Existenz verfügten. Mit der deutschen Ansiedlung ist die Verbreitung mehrerer landwirtschaftlicher Kulturen (Kartoffel, Tabak, Futterpflanzen, einzelne Rebsorten) zu verbinden. Nach den eine schwere Bewährungsprobe bedeutenden ersten Jahrzehnten entwickelte sich in den deutschen Dörfern durch die zum Zeitpunkt der Ansiedlung gewonnenen Vergünstigungen, der intensiven Bewirtschaftung, der größeren Arbeitsintensivität, der besseren Ausnutzung der familiären Arbeitskraft und des Majoratserbes blühende Wirtschaften.
Ein Teil der deutschen Siedler lebte von Beginn an in Städten und Marktflecken. Hoch war auch die Anzahl der in den Dörfern lebenden und arbeitenden Handwerker, die in der Verbreitung neuer Industriezweige (bemalte Möbel, Fayence usw.) eine wichtige Rolle spielten. Die Mehrheit dieses städtischen Deutschtums ging durch die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Veränderungen dieser Epoche im Ungarntum auf. Eine wichtige Rolle spielten die Deutschen auch beim Aufbau der sich erneut entwickelnden Zünfte, in größeren Siedlungen entstanden sog. deutsche Zünfte (Schuster, Gerber, Blaudrucker usw.), in anderen Fällen schufensie gemeinsame Zunftverbindungen mit ungarischen Handwerkern.
Die Mehrheit der Mundarten der neuzeitlichen Deutschen sind Mischdialekte, deren heutige Form sich in Ungarn herausbildete. Die Bezeichnung als Schwaben verbreitete sich von den schwäbischen Siedlungen der ersten Jahrzehnte des 18. Jahrhundert aus auf das gesamte neuzeitliche Deutschtum des Karpatenbeckens, obwohl im heutigen Ungarn in überwiegender Mehrheit mittelbairische (im Norden) und rhein-fränkische (im Süden) Mundarten gesprochen werden.
Die traditionelle Kultur der Ungarndeutschen ist eine bäuerliche Kultur, deren Träger die in den Dörfern lebenden Bauern und Handwerker sind. Das ungarländische Deutschtum hat sich an die hiesige wirtschaftliche und soziale Struktur angepasst, ist ein integrierter Teil dieses Systems. Die Ungarndeutschen haben in der Zeit nach ihrer Ansiedlung eine charakteristische Kultur entwickelt, welche eine organische Einheit aus von den mitwohnenden Völkern adaptierten kulturellen Elementen und bewahrten eigenen ethnischen Spezifika bildet.
Die Mehrheit der Deutschen ist katholisch, die einigen Dutzend evangelischen und kalvinistischen Siedlungen verdanken ihre Existenz protestantischen Grundherren sowie der Siedlungstätigkeit Joseph II. Die Religion war in der geistigen Kultur der Ungarndeutschen von großer Bedeutung. Bei der Bewahrung der Muttersprache spielte die Kirche auch eine wichtige Rolle. Die meisten Lesestoffe für die ungarndeutsche Bevölkerung bildeten die Gebetbücher und religiöse Flugblätter. Heiligenbilder waren nicht nur Gegenstände religiöser Verehrung, sondern sie dienten auch als Stubenverzierung.
REFORMZEITALTER UND AUSGLEICH
Die bürgerliche Revolution vom 15. März 1848 wurde auch vom heimischen deutschen Bürgertum mit eruptiver Begeisterung begrüßt, und sie kämpften mit Ausnahme der Siebenbürger Sachsen heldenhaft im Freiheitskampf von 1848/49. Die in Ungarn und im Ausland geborenen Deutschen spielten eine herausragende Rolle bei der Führung der Honvéd, so war Joseph Bayer Chef des Generalstabs von Görgey, Anton Vetter Oberbefehlshaber der Honvéd und Georg Klapka Befehlshaber der am längsten Widerstand leistenden Festung Komorn. Von den in Arad hingerichteten 13 Honvedgenerälen waren fünf deutscher Abstammung (Karl von Leiningen-Westerburg, Ernst Poelt von Poeltenberg, Joseph Schweidel, Ludwig Aulich, Georg Lahner).
Die politische Stabilität, welche durch den Ausgleich im Jahre 1867 zustande kam, führte zu einem Aufschwung von Industrie und Handel. Charakteristisch für die besondere Situation des ungarländischen deutschen Bürgertums war, daß es praktisch bis zum Ausgleich die Funktion des heimischen Bürgertums erfüllte, so daß die Deutschen zu den ältesten und gebildetsten Bürgern des Landes zählten. Unter Fabrikarbeitern waren 1890 nur 45%, 20 Jahre später auch nur 56 % ungarischer Muttersprache. Die Nationalitäten spielten eine wichtige Rolle bei der Herausbildung der ungarischen Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur, auch bis zum heutigen Tage.
Aus ihren Reihen sind hervorzuheben Joseph Budenz, Gustav Heinrich, Gideon Petz, Arnold Ipolyi (Stummer) Otto Hermann, Karl Keleti (Klette), Paul Kitabel, Ignatz Philipp Semmelweis, Michael Pollack, Nikolaus Ybl, Emmerich Steindl, Friedrich Schulek, Albert Schikedanz, Edmund Lechner, Johann Fadrusz, Alois Stróbl, Michael Munkácsy (Lieb), Julius Benczúr, Franz Liszt, Franz Erkel (Erkl), Maria Theresia Brunswick, Heinrich Kug-ler, Andreas Mechwart, Anton Dreher, Johann Gundel, Alois Haussman, Maria Jászai (Krippel), Luise Blaha (Reindl), Josef Törley (Schmiel), und später Géza Gárdonyi, Fran Herceg (Herzog), Gustav Gratz, Josef Mind-szenty (Pehm), Gisella Bajor (Beyer), Alexander Márai (Großschmied), Géza Radványi (Großschmied), Ferenc Puskás (Purzeld) usw.
DEUTSCHE IN UNGARN IN DER ZWISCHENKRIEGSZEIT
Durch die nach dem Friedensvertrag von Trianon 1920 neu gezogenen Grenzen kam die Mehrheit der ungarländischen Deutschen in die Nachfolgestaaten der Monarchie. In Ungarn blieben 551211 Deutsche, die 6,9% der Gesamtbevölkerung ausmachten und so zur auch zahlenmäßig stärksten nationalen Mindenheit des Landes wurden. Nach dem Vertrag von Trianon, dachte jeder verantortliche Politiker nach eine Grenzrevision. Die ungarische Regierung suchte in Hoffnung auf eine Grenzvision seit den 1930er Jahren die Freundschaft und den politischen Einfluß Deutschlands, betrieb aber weiter die Assimilation der Deutschen.
Jakob Bleyer - einer der bedeutendste Person den Ungarndeutschen dieser Zeit - hielt die Nationalitätenrechte, die das Kulturerbe der Ungarn-deutschen bewahren sollten, für wichtig. Er legte sein politisches Ziel für die Deutschen in Ungarn darauf ab, daß sie in Eintracht mit den Ungarn zusammenleben. Er äußerte: „heilig (sind) die staatlichen und emotionellen Verbindungen, die in guten und schlechten Zeiten seit Jahrhunderten uns mit den Ungaren zusammenhalten".
Nach dem Tode Bleyers wurde - in Reaktion auf die Verletzungen der Nationalitätenrechte - der Ungarische Deutsche Volksbildungsverein zum Schauplatz zweier sich gegenüberstehenden Richtungen. Die im Geiste des alten Deutsch-Ungarntums wirkende Führung unter dem Präsidenten Gustav Gratz schloß 1936 mit tatkräftiger Unterstützung durch die Regierung die Radikalen, die eine Volksdeutsche Richtung vertraten, aus, die daraufhin unter Führung von Franz Gasch die Volkskameradschaft gründeten. Aus dieser entstand - nach dem 1. Wiener Schiedsspruch - am 26. November 1938 der Volksbund der Deutschen in Ungarn, der im Herbst 1940 nach einer Vereinbarung der Regierungen Deutschlands und Ungarns eine Monopolstellung erhielt. Durch die Grenzrevisionen zwischen 1938 und 1941 wuchs die deutsche Bevölkerung stark an, sie machte laut der 1941 abgehaltenen Volkszählung 720 000 Seelen aus.
Durch die Grenzrevisionen kehrte ein sehr hoher Anteil der Ungarn des Karpatenbeckens nach Ungarn zurück, ohne daß sie ihren Besitz, ihre Häuser und die Heimat verlassen mussten. Damit sind einige Ungerechtigkeiten des Vertrages von Trianon korrigiert worden.
Seit 1940 erfolgte für das als Verbündeten angesehene Deutsche Reich unter den heimischen Deutschen eine Werbung für die Waffen-SS. Auf Grundlage einer Vereinbarung mit der ungarischen Regierung erhielt das Reich das Recht zur Aushebung für die Waffen-SS. In einer Vereinbarung aus dem Jahre 1943 wurde dies auch auf die in der ungarischen Honved dienenden Deutschen ausgedehnt. Die nach der deutschen Besetzung an die Macht gekommene Sztójay-Regierung stimmte am 14. April 1944 dem Verlangen zu, nachdem die eigenen Staatsbürger deutscher Nationalität im Alter von 17-62 Jahren in der deutschen Armee ihren Dienst abzuleisten hatten.
DIE KOLLEKTIVSTRAFE UND DIE OPFER VON PARTEIINTERESSEN
Am Ende des Krieges bis Februar 1945 wurden mehr als 40 000 deutsche Männer und Frauen zur Zwangsarbeit in die Sowjetunion verschleppt, von denen mindestens 20% in den Lagern umkamen. Die Deportation der Ungarndeutschen war Teil der beinahe ein Jahr dauernden Gefangenensammelaktion in Ungarn, während der um die 700 Tausend ungarische Staatsbürger in sowjetische Arbeitslager kamen.
In März 1945 geriet die Vertreibung der Ungarndeutschen immer mehr in den Vordergrund. Wissenschaftlichen Forschungen nach ist es heute klar, daß der Volksbund von Anfang an eine gespaltene Organisation war. Nur wenige seiner Mitglieder schlossen sich ihm aus Überzeugung an, noch kleiner war die Zahl derer, die zu Anhängern der nationalsozialistischen Ideen wurden. Tragischerweise wurde die kollektive Bestrafung größtenteils trotzdem gerade unter Berufung auf die Volksbund-Mitgliedschaft und - noch schlimmer - auf das Bekenntnis zur deutschen Muttersprache der Ungarndeutschen begründet.
In die amerikanische Besatzungszone wurden 135 000 Personen ausgesiedelt, und 50-60 000 Personen gelangten in die sowjetische Besatzungszone. Die vertriebenen Deutschen wurden zu bestimmten Sammelpunkten gebracht, von wo aus sie nach mehrtägigen Zugreisen in Deuschland ankamen. Pro Person durften sie 50 kg Gepäck mitnehmen. Das gesamte Vermögen der Vertriebenen wurde für verfallen erklärt. Mit der Aussiedlung verlor die deutsche Volksgruppe nicht nur einen großen Teil seiner Mitglieder sondern seine politische Führungschicht, seine Intelligenz.
DIE VERANTWORTLICHEN
Es gibt keine Erinnerung ohne moralische Gesichtspunkte. Nicht nur die Opfer und die Helden müssen wir beim Namen nennen, sondern auch die Täter. Ohne dies würden wir uns in unserer eigenen Kultur verirren. So wie es keine Kollektivschuld gibt, so existiert auch kein kollektives Zur-Ver-antwortung-Ziehen. Ein jeder ist für seine eigenen Entscheidungen verantwortlich. Die Verantwortung ist immer eine persönliche. Die folgenden Personen haben als verantwortliche Entscheidungsträger eine Rolle in der Aussiedlung der Deutschen gespielt:
Winston Churchill (England), J.O. Pearce-Edgumbe (England), William Shafer Key (USA), Georgij Puskin (Sowjetunion), Josif Stalin (Sowjetunion), Wladimir Swiridow (Sowjetunion), Harry Truman (USA), Kliment Woro-schilow (Sowjetunion), sen. József Antal, Antal Ballá, Antal Bán, István Dobi, Ferenc Erdei, Ernő Gerő, János Gyöngyösi, Imre Kovács, Imre Nagy, Gábor Péter, Mátyás Rákosi, Géza Szepessy, Zoltán Tildy, Jenő" Tombor, Béla Varga.
MENSCHEN IN DER UNMENSCHLICHKEIT
Man muss erwähnen, dass die Aussiedlung in Ungarn von vielen Politikern, Künstlern, kirchlichen Persönlichkeiten sowie denen des öffentlichen Lebens gleichermaßen entschieden abgelehnt wurde. Das Haupt der ungarischen katholischen Kirche, József Mindszenty, machte in seinem Hirtenbrief auf die sich abzeichnende Rechtswidrigkeit aufmerksam und verurteilte nachdrücklich das Prinzip der Kollektivschuld. Ahnlich beurteilten die Lage István Bibó, Nándor Keszthelyi, István Kertész, Margit Slachta und mehrere bekannte Politiker der Sozialdemokratischen Partei. In einem auch in der Presse veröffentlichten offenen Brief protestierten zahlreiche Vertreter des ungarischen Kultur- und Kunstlebens - unter anderen Milan Füst, Lajos Kassák, Géza Supka - gegen die Vertreibung unserer Landsleute. Sie erinnerten daran, dass uns mit tausend Fäden die Vergangenheit und die Gegenwart verbinde.
Hierher gehören noch: Peter Bechtler, Ivan Boldizsár, Anna Kéthly, Lajos Shvoy.
HIRTENBRIEF DES KARDINAL MINDSZENTY VOM 17.10.1945.
„.. .Die Vertreibung unseres heimatlichen Deutschtums von Haus und Gut begann auf eine Art und Weise, für die wir beim besten Willen weder eine menschliche noch eine christliche Bezeichnung anwenden können. Wenn nur die Schuldigen bestraft wurden, würden wir schweigen. Aber es werden solche zu Sündenböcken gestempelt und beseitigt, denen gar keine Schuld nachgewiesen werden kann. Ja, man kreidet ihnen sogar als Schuld an, was ihnen auf Grund des Naturrechtes zusteht, zum Beispiel die Muttersprache. Tun wir nicht das selbe, was wir in der Tschechoslowakei den Ungarn gegenüber angewendet nicht nur als empörend, sondern auch als unerträglich empfanden! (...)
Wir erheben unser Wort im Interesse unschuldiger Kinder, Alter und Kranker gegen die Völker-Ghettos und gegen die voreiligen Umsiedlungen. Diese führen letztlich zu einer gänzlichen Rechtsunsicherheit und stürzen das Land in größte Verpflegungsschwierigkeiten. Es ist des ungarischen Staates und der Demokratie, die voll Stolz Menschenrechte verkündet, unwürdig, denjenigen keine Sicherheit bieten zu können, die nur Mitglieder waren in gewissen Vereinigung vor allem, wenn sie dies nur gezwungenermaßen waren...
König Stephans Weisheit bezeichnete unseren Weg in der völkische Minderheitsfrage, und es lebt heute noch in uns jenes erhebende Bewußtsein, daß in einem Land mit verschiedenen Nationalitäten nur die Liebe, das gegenseitige Verstehen und die Ehrfurcht walten dürfen..."
DIE DEUTSCHEN IN UNGARN NACH DEM ZWEITEN WELTKRIEG
Das Ende des Zweiten Weltkrieges brachte doppeltes Leiden für die Schwaben. Mehrere Zehntausende wurden in Viehwagen für Zwangsarbeit in Arbeitslagern in die Sowjetunion gebracht, wo sie unter unmenschlichen Arbeits- und Lebensbedingungen gerieten. Die jüngsten waren nicht einmal 17 Jahre alt. Tausende kamen infolge der Kälte und den Entbehrungen um, ungefähr 20% der Verschleppten verstarben in der Sowjetunion. Währenddessen vertiefte sich in Ungarn der Gedanke der Anwendung der kollektiven Verantwortung. Der Gesetzentwurf sah vor, den Schwaben, die sich anlässlich der Volkszählung von 1941 als Deutsche bekannt hatten die Staatsbürgerschaft abzuerkennen, verurteilte sie zur Konfiskation und zur Vertreibung.
Alle Proteste waren vergebens, denn die ungarische Regierung hatte die Frage unter Berufung auf das Potsdamer Abkommen bereits entschieden. Diese Entscheidung wurde schon dadurch erleichtert, dass der Alliierte Kontrollrat die Zahl der Deutschen, die in die amerikanische Zone auszusiedeln waren in 500 000 angegeben hatte. Niemand weiß genau, woher diese Zahl stammt. In Ungarn lebten höchstens 450 000-500 000 Deutsche, selbst diese Zahl verringerte sich, die Soldaten und Flüchtlinge hineingerechnet, mit mindestens 100 000 Personen. Die 1946 angefangene Vertreibung traf massenweise Ungarndeutsche, die nichts mit dem Volksbund oder mit der Waffen-SS zu tun hatten, denen wegen ihrer deutschen Nationalität, deutscher Muttersprache diese Geschick zuteil wurde, oder die gar Mitglieder des Widerstandes waren. Nach den Angaben einer ungarischen Studie aus dem Jahre 1982 wurden um die 135.000 Personen in die amerikanische Besatzungszone Deutschlands ausgesiedelt, während die Zahl derjenigen, die in die sowjetische Zone verwiesen wurden ungefähr 50-60 000 war. Die Schwaben verloren damit ihre gesamte Intelligenz bzw. Führungselite. Die in Ungarn verbliebene deutsche Bevölkerung war dadurch praktisch auf eine Stufe zurückgeworfen, die an die Ansiedlungszeit erinnerte: besitzlos, von der Verbindungskraft der Volksgruppe beraubt, mussten die Familien auf sich allein gestellt alles von vorne anfangen. Die Ungarn-deutschen waren einer Reihe von Vergeltungsmaßnahmen ausgesetzt, die ebenso wohl die politische Diskriminierung, wie wirtschaftliche Benachteiligungen bedeuteten. Die Folge war eine vollständige wirtschaftliche, wie soziale Durchstrukturierung der deutschen Bevölkerung Ungarns. Die Ungarndeutschen blieben de jure bis 1950 (die Verfassung sicherte 1949 die Gleichberechtigung aller Nationalitäten zu), de facto bis 1955 entrechtet. 1955 wurde der Kulturverband der Deutschen Werktätigen in Ungarn gegründet, der ab 1969 mit dem Namen Demokratischer Verband Ungarnländischer Deutscher, ab 1978 als Demokratischer Verband der Ungarn-deutschen, und dann ab 1989 -die eingetretenen Veränderungen damit repräsentierend - als Verband der Ungarndeutschen wirkte. Dies bedeutete zwar eine Wende und das Ende der Entrechtung, die Mehrheit der in Ungarn zurückgebliebenen Deutschen bekannte sich - unter der nachhaltigen Einwirkung der erlebten Ereignissen - noch lange Jahre nicht zu der deutschen Nationalität. Bis Anfang der 1950er Jahre erhielten die deutschen Kinder überhaupt keinen muttersprachlichen Unterricht, es gab keinerlei deutsche Kulturaktivität. 1961 wurde die gewaltsame Organisation der Landwirtschaftsproduktionsgenossenschaften abgeschlossen, die eine große Veränderung für die in der überwiegender Mehrheit in dörflicher Umgebung lebenden Deutschen bedeutete. Es lässt sich generell feststellen, dass in der Nationalitätenpolitik Ungarns bis 1968 das Prinzip des Automatismus vorherrschend war, demnach während des Baus des Sozialismus die Nationalitätenprobleme sich eigentlich von sich alleine lösen würden. So gesehen wären also keine besonderen Maßnahmen nötig.
Ab 1968 lässt sich ein neues Konzept beobachten, laut dessen die Integration der Nationalitäten angestrebt, ihre sprachliche Assimilation jedoch verhindert werden sollte. Das Problem damit war, dass es nur zentrale Regulierungsmaßnahmen bedeutete, aber die Herausbildung einer autonomen, auf lokaler Ebene funktionierenden Selbstorganisation unmöglich machte. Einen aktiveren Auftritt und damit eine Veränderung dieser Betrachtungsweise löste die Tatsache aus, dass die ungarische Öffentlichkeit immer unruhiger die seit den 1970-er Jahren eintretende Assimilationspolitik der Nachbarländer beobachtete, die die dortigen ungarischen Minderheiten bedrohte. Dies wurde zum Auslöser der Veränderung der ungarischen Betrachtungsweise, indem nun Ungarn die Nationalitätenpolitik der Nachbarländer dadurch in positive Richtung zu beeinflussen versuchte, dass es bestrebt war, seine eigenen Nationalitäten „beispielhaft" zu behandeln. Hier spielte die Aufwertung der „Brückenfunktion" eine wichtige Rolle, die in den sozialistischen Ländern die Nationalitäten spielen sollten. Die Kádár-Ara, die anscheinend die Nationalitätenpolitik unterstützte, versuchte im Grunde genommen erst gar nicht die Heilung der Wunden, die nach dem Zweiten Weltkrieg aufgerissen waren. Obwohl das System 1955 die Gründung eines Landesverbandes ermöglicht hatte, achtete es bis Mitte der 80er Jahre darauf, dass es den Bestrebungen nach Selbstorganisation, der Gründung von regionalen und lokalen Organisationen und Vereinen Einhalt gebietet. Die Gründung von einheimischen deutschen Zivilorganisationen wurde zunächst nicht zugelassen. Die damalige DDR pachtete sich förmlich die Ungarndeutschen im Rahmen von offiziellen Kulturbeziehungen, mit denen auch die ungarische Regierung bei der Stärkung der Beziehungen rechnete. Vor allem im schulischen Bereich kam viel Hilfe, die auch bitter nötig war, denn es mangelte sowohl an Lehrern wie an Lehrmitteln. Man soll an dieser Stelle erwähnen, dass das ungarische wissenschaftliche Leben eine große Hilfe von der ehemaligen DDR erhielt, viele Forscher durften auf eine Studienreise gehen, und die ungarischen Germanistikstudenten konnten im Rahmen von zwischenstaatlichen Vereinbarungen Semester an ostdeutschen Universitäten absolvieren. Bedauerlicherweise konnte über so was im Falle der Bundesrepublik Deutschland oder Österreich erst gar nicht die Rede sein. Erst die in der internationalen Situation eintretenden Veränderungen machten es möglich, dass die Ungarndeutschen auch mit diesen Ländern und mit ihren dort lebenden Verwandten und Familienmitglieder normale Beziehungen pflegen durften. Die Unterstützung der DDR konnte auf vielen Gebieten eine Hilfe leisten, die Ungarndeutschen sahen jedoch die DDR nie als ihr Mutterland an. Seit 1986 präferierte die offizielle ungarische Politik immer intensiver die Anerkennung der BRD als Mutterland. Der Besuch des Staatspräsidenten Richard von Weizsäcker stärkte diese Tendenz weiter. Auch in der scheinbar liberalen Minderheitenpolitik Ungarns waren politische Versuche, eine tatsächliche Interessenvertretung der Ungarndeutschen zu schaffen, zum Scheitern verurteilt. Der 1955 gegründete Verband der Ungarndeutschen versuchte - in dem von der Regierung erlaubten Rahmen -, diese Aufgabe zu erfüllen. Seit Ende der sechziger Jahre, der Zeit der Wirtschaftsreform, gab es Freiräume für die sich allmählich herausbildende ungarndeutsche Intelligenz. So konnte sich eine bescheidene Literatur entfalten, wurden bildende Künstler in die kulturelle Tätigkeit einbezogen, wissenschaftliche Forschungen - vor allem im Bereich Volkskunde und Mundarten - betrieben. Wichtigstes Anliegen war, die Effektivität des Sprachunterrichts zu erhöhen. Seit 1982 erfolgt in immer mehr Grundschulen der zweisprachige Unterricht. In zahlreichen Kindergärten gibt es deutschsprachige Beschäftigungen. Auch die Zahl der zweisprachigen Gymnasien und Mittelschulen wuchs stetig und in einigen Fachschulen bestand die Möglichkeit, Maurer, Tischler, Zimmermänner und Gärtner in zwei Sprachen auszubilden, Praktikum bei ungarndeutschen und bei deutschen Unternehmern zu machen.
1985 wurde der erste ungarndeutsche Verein der Nachkriegszeit, der Ni-kolaus-Lenau-Kulturverein in Fünfkirchen, gegründet. Er versuchte, auf allen Gebieten (Wirtschaft, Wissenschaft, Schule, Kirche, Kultur) mit dem Mutterland bzw. den vertriebenen Deutschen wieder die Verbindung herzustellen. Ab 1989 entstanden dann immer mehr Vereine auf lokaler, regionaler und Landesebene. Bei ihrem Treffen im November 1992 in Tengelic forderten sie mehr Demokratie, mehr Effektivität und mehr Erneuerung auch bei den Ungarndeutschen.
Ungarn und die BRD unterschrieben am 7. Oktober 1987 einen Vertrag über die Unterstützung der Ungarndeutschen und ihrer Kultur. Partnerschaften und Kulturbeziehungen entstanden, gegenseitige Besuche konnten stattfinden. Die richtige Veränderung brachten jedoch auch in Ungarn die politischen Ereignisse am Ende der 1980-er Jahre. Das Wort „Deutsch" klingt wieder gut in Ost-Europa, es kommt immer mehr Hilfe aus den deutschsprachigen Ländern, die auch auf örtlicher Ebene zu schönen Ergebnissen führte. Der zwischen der Ungarischen Republik und der Bundesrepublik Deutschland am 6. Februar 1992 unterschriebene „Grundvertrag" über die freundschaftliche Zusammenarbeit und Partnerschaft verstärkte diese Veränderungen. Artikel 19 dieses Vertrages regelt detailliert den europäischen Rechtsnormen entsprechend die Rechte der einheimischen Minderheiten. Die „gemeinsame Deklaration" von 1987 wurde am 25. September 1992 im Sinne des Grundvertrages für weitere fünf Jahre verlängert. Es kam viel Hilfe aus Deutschland sowohl in materieller wie in geistiger Hinsicht. Besonders wichtig war diese Hilfe bei der Gründung und infrastruktureller Versorgung der Regionalbüros, ebenso unentbehrlich war sie aber zu der Verwirklichung der Deutschen Bühne Sexard oder des Kultur -und Unterrichtszentrums zu Frankenstadt, um nur einige Beispiele zu erwähnen. Hierbei sollte man unbedingt die Hilfe der deutschen Länder und Stiftungen erwähnen. Als Beispiel könnte hier Bayerns Hilfe zu der Verwirklichung des Nationalitätengymnasiums in Werischwar angeführt werden, oder die Tätigkeit der Düsseldorfer Hermann-Niermann-Stiftung, die vielerorts im Land eine unschätzbare Hilfe zur Modernisierung von Nationalitätenkindergärten und -schulen gewährte. Das Land Baden-Württemberg spielt eine herausragende Rolle, da es bereits früher die Patenschaft über die nach dem Krieg vertriebenen und ausgesiedelten osteuropäischen Deutschen übernommen hatte und gerade durch diese Verbindung eine effektive Hilfe den Ungarndeutschen gewähren konnte. Um dieses Ziel zu verwirklichen hat das Land eigens eine Stiftung, die Donauschwäbische Kulturstiftung ins Leben gerufen. So wurde auch der Wunsch der von ihrer Heimat getrennten Deutschen erfüllt: sie konnten nun eine Vermittlerrolle zwischen Ungarn und Deutschland spielen.
Seit 1990 können die Ungarndeutschen - auf lokaler Ebene - bei den Fragen, die ihr Dasein als Nationalität betreffen, mitentscheiden, vielerorts bildeten sich reine Nationalitätenselbstverwaltungen, anderswo kamen in die örtlichen Selbstverwaltungen Nationalitätenabgeordneten. Bei den ersten Wahlen der Minderheitenselbstverwaltungen im Dezember 1994 und den Nachwahlen im November 1995 entstanden dann 165 Deutsche Selbstverwaltungen. Vier Jahre später hat sich die Zahl der deutschen Minderheitenselbstverwaltungen nach den zweiten Wahlen auf 270 erhöht. Die Selbstverwaltungen sind trotz finanzieller Not und Lücken in der gesetzlichen Regelung gewillt, die Interessen der ungarndeutschen Wähler durchzusetzen, Sprache und Traditionspflege, Partnerschaften und Wirtschaft, Literatur und Kunst zu fördern. Sie tragen zusammen mit den Vereinen, Kulturgruppen und Organisationen zum Aufbau der bürgerlich-demokratischen Gesellschaft bei. Die Besinnung auf die historischen Werte soll dabei behilflich sein. Es zeugt von der gesellschaftlichen Achtung der Ungarndeutschen, dass sie im Verhältnis zu ihrer Zahl im Lande mehr Stimmen anlässlich der lokalen Wahlen erhielten. Im gleichen Jahr, 1995 wurde aufgrund seiner eigenen Entscheidung der Verband der Ungarndeutschen aufgelöst, und die Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen gegründet. Zwar verabschiedete man noch 1993 das Nationalitätengesetz, doch die parlamentarische Vertretung der Nationalitäten wurde bis zum heutigen Tag nicht verwirklicht.
(Johann Schuth-Dezső Szabó)
FORRÁSOK
- VÁLTOZÓ VILÁG Többnyelvű Könyvtár 23. A magyarországi németek. Szerkesztette: Manherz Károly 1998.
- „1100 Jahre Zusammenleben" Német Nemzetiségi Múzeum Tata 1998
- Bölcsőben ringattak, batyuval kidobtak. Sváb sors Magyarországon 1939-1948 Terror Háza Múzeum, 2007
- „Magyarországi Németek Kézikönyve" Magyarországi Németek Országos Önkormányzata, Budapest
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